Die Stadt Werder (Havel) liegt 8 km westlich von Potsdam und nur 36 km vom Zentrum der Hauptstadt Berlin. Sie gehört heute wieder zu den bedeutendsten Weinorten des Landes Brandenburg. Das Bundesland Brandenburg hat für 30 ha Rebrechte vergeben, davon entfallen auf Weinberge der Stadt Werder (Havel) z.Zt. 10,4 ha.

Entsprechend der WeinRDV des Landes Brandenburg vom 29.02.2012 gehören 3 Fluren der Ortsteile und 4 Fluren der Stadt Werder selbst zum bestimmten Anbaugebiet Saale-Unstrut. Somit sind die Rebflächen der Stadt Werder die nördlichsten Lagen, die für den Anbau von Qualitätswein eines bestimmten Anbaugebietes in Europa registriert sind.

Heute produzieren hier 3 Winzer auf 4 Weinlagen sehr interessante und hochwertige Weine.

Natürlich gibt es weiter nördlich noch Weinbau (Mecklenburg, Dänemark, Schweden usw.) – aber bei den für QbA registrierten Lagen ist hier in Werder (Havel) Schluss.

Der Weinbau wurde 1985 auf Initiative der damaligen Gärtnerischen Produktionsgenossenschaft „GPG Obstproduktion Werder“ auf einer traditionsreichen Weinbergsfläche, dem Werderaner Wachtelberg, in einer Größe von 4,8 ha wieder aufgenommen, obwohl hier seit über 100 Jahren kein erwerbsmäßiger Weinbau mehr betrieben wurde. Dennoch wurden bei der Neuanlage dieses Weinbergs vereinzelt alte verwilderte Weinstöcke gefunden.

Diese Aufrebung soll daran erinnern, daß in vielen Städten und Dörfern der Mark der Weinbau eine große Bedeutung hatte und die Stadt Werder (Havel) sich im Verlaufe mehrerer Jahrhunderte zum Zentrum des märkischen Weinbaus entwickelte. Der Weinbau zählt in Werder (Havel) neben der Fischerei zu den ältesten Gewerben.

Die Weinlagen von Werder liegen zwar jenseits der sogenannten ‚Polargrenze des Weinbaus‘, dennoch ist es durchaus möglich, hochwertige Qualitätsweine zu erzeugen, was  stetige Preise bei Landesweinprämierungen beweisen:

Besondes stolz sind wir aber auf den Silbernen Preis beim Internationalen Müller-Thurgau Wettbewerb am Bodensee 2007 und  2x DLG Silber für unsere Sekte von 2004 und 2006.

Somit wird der oft strapazierte Spottvers widerlegt, den im 16. Jahrhundert Studenten der Universität Frankfurt (Oder) geprägt hatten:

„Vinum de Marchica terra – transit guttur tanquam serra“

Was soviel heißen soll, wie

„Märkischer Erde Weinerträge – gehen durch die Kehle wie ’ne Säge“

Dass dem nicht so ist, hat bereits der Hofmedicus und Botanicus des Großen Kurfürsten Joh. Elsholtz erkannt und den Wein aus Werder als einen der besten der Mark eingestuft. „…welche auf keinem rauhen Kalkgrund, sondern auf klaren Sandhügeln wachsen und daher zwar nur leichte Weine sind, aber doch keine zusammenziehende Säure, sondern vielmehr eine angenehme Lindigkeit, bevorab in guten Weinjahren haben.“ Ähnlich urteilt B.L. Beckmann 1751 in seiner „Historischen Beschreibung der Churmark Brandenburg“, indem er den Wein aus Werder (Havel) als einen Wein, „welcher einen angenehmen Geschmack hat, sonsten auch einer von den besten in der ganzen Mark Brandenburg zu sein geachtet wird.“

Die in den letzten Jahren hier produzierten Weine bestätigen diese Tradition vollauf. Aus dem Jahre 1991 liegt ein Gutachten zur weinbaulichen Bewertung der Rebfläche „Werderaner Wachtelberg“ vor, das durch die Landes-Lehr- und Versuchsanstalt für Landwirtschaft, Weinbau und Gartenbau Bad Kreuznach angefertigt wurde. Hieraus geht hervor, daß es bei Temperaturverlauf und Sonnenscheindauer in der Vegetationsphase und der Jahresniederschlagsmenge keine wesentlichen Unterschiede zu Würzburg oder Ahrweiler gibt. Nachteile sind die tieferen Wintertemperaturen und somit die Gefahr von Auswinterungsschäden. Dem entgegen wirkt jedoch, daß Werder von großen Wasserflächen der Havel und weiteren Seen umgeben ist, die das Kleinklima temperaturausgleichend beeinflussen. Somit ist die Gefahr von Früh- und Spätfrosten geringer als an anderen Standorten. Als besonders günstig bewertet das Gutachten den märkischen Sandboden: Es ist ein reiner tiefgründiger Sandboden, der im trockenen Zustand fast an eine Sanddüne erinnert und sehr leicht erwärmbar ist, was die weinbauliche Eignung entscheidend verbessert. Der Nachteil dieses Sandbodens: er ist sehr nährstoffarm und besitzt eine geringe Wasserhaltefähigkeit. Dennoch verleiht gerade der Sandboden unserem Wein naturgemäß eine besondere Lindigkeit und ist bei allen Jahrgängen seit 1989 feststellbar gewesen.

Hier in Werder (Havel) einen guten Qualitätswein zu erzeugen, ist jedoch unter den gegebenen natürlichen Standortbedingungen eine sehr anspruchsvolle Aufgabe mit überdurchschnittlich hohen Risiken und Kosten.

So zeigen die Jahre seit der Wiederaufnahme des Weinbaus auf dem Wachtelberg (seit 1985), daß diese Aufgabe ein Höchstmaß an Mut, Kreativität, Fleiß und Liebe zur Sache verlangt.

Das Hauptproblem ist auch heute, wie vor 200 Jahren, das Ertrags- und Rentabilitätsproblem. So berichtet der Königliche Hofgärtner Salzmann: „…unsere Weinberge sind zum großen Teil von recht ansehnlicher Größe, erfordern viel Arbeit und Dünger und verursachen große Kosten“.

Neben diesen Standortnachteilen wurde der Weinbau am Wachtelberg in den letzten Jahren zusätzlich mit Problemen konfrontiert, die sich vor allem aus dem Übergang von der genossenschaftlichen zur privaten Bewirtschaftung ergaben. Die Auflösung der Genossenschaft durch Mitgliederbeschluß führte zu gegensätzlichen Auffassungen der Bodeneigentümer und Eigentümer der Reblage (Stadt Werder) über die weitere Nutzung der Rebfläche. Unter diesen Bedingungen war in den Jahren 1991 – 1995 die Pflege der Rebstöcke nur bedingt möglich. Nur dem Engagement der Stadtverordneten der Stadt Werder (Havel) ist es zu verdanken, daß diese für Deutschland einmalige Weinbergslage erhalten blieb. Heute hält die Stadt Werder über 90 % der Flächen am Wachtelberg und 100 % der Flächen am Galgenberg im Eigentum.  Somit ist eine gute Grundlage für eine stabile und kontinuierliche Weinproduktion gegeben.